An die Sonne – genau das Gedicht für den heutigen Tag von Franz Grillparzer

An die Sonne

Sonne, göttliches Licht! Schaffende, nährende
Himmelstochter! Du spendest uns
Wonne, Segen und Lust, Früchte den lockenden
Fluren, zeugest den Traubensaft.

Kaum entfaltet der Tag jugendlich heiter sich,
Sieh! Da singet ein Vögelchor
Hymnen, Schöpferin dir, alles belebendes,
Alles stärkendes Götterkind.

Sieh! Da glänzt das Gebüsch, Felder und duftende
Haine blitzend von kühlem Tau,
Der die Gewächse erfrischt, nähret, und stärkere
Wohlgerüche zum Himmel schickt.

Du verscheuchest den Schlaf, der mit allmächtigen
Schwingen jeglichen Menschen deckt,
Der im quälenden Traum foltert den Erdensohn,
Den du gütig der Qual entreißt.

Dankbar gegen die Huld deiner erquickenden
Güte, zollet der Afrer dir
Weihrauch, dankbar ertönt starrender Lappen Lied
Auf den eisigten Ebenen.

O dein strahlendes Haupt gibt mir ein Wonnegefühl!
Macht den Schöpfer mich ahnden. Da
Stürz ich nieder vor dir, bete die gütige
Allmacht hocherfreut, innig an.

Den 16ten Juni 1804

Franz Grillparzer

Frühlingsgedicht

Frühling

Willkommen, schöne Schäferin
In deinem leichten Kleide,
Mit deinem leichten frohen Sinn,
Willkommen auf der Weide.

Sieh, wie so klar mein Bächlein fließt,
Zu tränken deine Herde!
Komm setz dich, wenn du müde bist,
Zu mir auf die grüne Erde.

Und trübt sich der Sonne goldiger Schein,
Und fällt ein kühlender Regen,
Dann ist mein Mantel nicht zu klein,
Wollen beide darunter uns legen.

Benjamin Franklin Wedekind (1864-1918)

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