Ein sehr schönes Geburtstagsgedicht von Friedrich Rückert

Ich wünsche, dass dein Glück
sich jeden Tag erneue,
dass eine gute Tat
dich jede Stund erfreue!
Und wenn nicht eine Tat,
so doch ein gutes Wort,
das selbst im Guten wirkt,
zu guten Taten fort.
Und wenn kein Wort,
doch ein Gedanke schön und wahr,
der dir die Seele mach
und rings die Schöpfung klar.

(Friedrich Rückert, 1788-1866)

Theodor Fontane: Guter Rat

Guter Rat

An einem Sommermorgen
da nimm den Wanderstab,
es fallen deine Sorgen
wie Nebel von dir ab.

Des Himmels heitere Bläue
lacht dir ins Herz hinein,
und schließt, wie Gottes Treue,
mit seinem Dach dich ein.

Rings Blüten nur und Triebe
und Halme von Segen schwer,
Dir ist, als zöge Liebe
des Weges nebenher.

So heimisch alles klinget,
als wir im Vaterhaus,
und über die Lerchen schwinget
die Seele sich hinaus.

Heinrich Theodor Fontane (* 30. Dezember 1819 in Neuruppin; † 20. September 1898 in Berlin)

Detlev von Liliencron: Sommer

Sommer

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang;
Süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.

Wenn wir uns von ferne sehen,
Zögert sie den Schritt,
Rupft ein Hälmchen sich im Gehen,
Nimmt ein Blättchen mit.

Hat mit Ähren sich das Mieder
Unschuldig geschmückt,
Sich den Hut verlegen nieder
In die Stirn gedrückt.

Finster kommt sie langsam näher,
Färbt sich rot wie Mohn;
Doch ich bin ein feiner Späher,
Kenn die Schelmin schon.

Noch ein Blick in Weg und Weite,
Ruhig liegt die Welt,
Und es hat an ihre Seite
Mich der Sturm gestellt.

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang;
Süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.

Liliencron, Detlev von (1844-1909)

Neue Sprüche

Dürfen darf man alles, man muss es nur können.
Kurt Tucholsky

Fürchte dich nicht vor dem langsamen Vorwärtsgehen. Fürchte dich nur vor dem Stehenbleiben.
Kofuzius

Wer Freude schenkt, macht zwei Leben reicher.
Verfasser unbekannt

Auf Riesen in fremde Länder lernt man nicht nur die Länder kennen, sondern auch sich selbst.
Tibetisches Sprichwort

Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht noch immer geschwinder als jener, der ohne Ziel umherirrt.
Gotthold Ephraim Lessing

Wenn du einen Freund loswerden willst, dann bitte ihn um ein Darlehen oder gewähre ihm eines.
Jiddisches Sprichwort

Nachlässigkeit richtet selbst vorzügliche Anlagen der Natur zugrunde.
Plutarch

Mehr in meiner Sprüchesammlung

Rainer Maria Rilke: Das Rosen-Innere

Das Rosen-Innere

Wo ist zu diesem Innen
ein Außen ? Auf welches Weh
legt man solches Linnen ?
Welche Himmel spiegeln sich drinnen
in dem Binnensee
dieser offenen Rosen,
dieser sorglosen, sieh :
wie sie lose im Losen
liegen, als könnte nie
eine zitternde Hand sie verschütten.
Sie können sich selber kaum
halten; viele ließen
sich überfüllen und fließen
über von Innenraum
in die Tage, die immer
voller und voller sich schließen,
bis der ganze Sommer ein Zimmer
wird, ein Zimmer in einem Traum.

Rainer Maria Rilke (* 4. Dezember 1875 in Prag; † 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux, Schweiz; eigentlich René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke)

Theodor Storm: Sommermittag

Sommermittag

Nun ist es still um Hof und Scheuer,
Und in der Mühle ruht der Stein;
Der Birnenbaum mit blanken Blättern
Steht regungslos im Sonnenschein.

Die Bienen summen so verschlafen;
Und in der offnen Bodenluk‘,
Benebelt von dem Duft des Heues,
Im grauen Röcklein nickt der Puk.

Der Müller schnarcht und das Gesinde,
Und nur die Tochter wacht im Haus;
Die lachet still und zieht sich heimlich
Fürsichtig die Pantoffeln aus.

Sie geht und weckt den Müllerburschen,
Der kaum den schweren Augen traut:
„Nun küsse mich, verliebter Junge;
Doch sauber, sauber! nicht zu laut.“

Hans Theodor Woldsen Storm (* 14. September 1817 in Husum; † 4. Juli 1888 in Hanerau-Hademarschen)

Liebeszauber – ein Maigedicht von Herman Löns

Liebeszauber

Und willst und willst du mich nicht lieben,
O Maienzeit, o Süßigkeit,
Das soll und soll mich nicht betrüben,
O Maienzeit, o Bitterkeit;
Ich weiß das edle Kräutlein blühn,
Habmichlieb, das Kräutlein grün,
Kräutlein grün, Blümlein rot
Hilft bei Liebesnot.

Zur Liebe will ich dich bekehren,
O Maienzeit, o Süßigkeit,
Du kannst und kannst es mir nicht wehren,
O Maienzeit, o Bitterkeit;
Ich weiß das edle Kräutlein grün,
Habmichlieb, das Kräutlein grün,
Kräutlein grün, Blümlein rot
Hilft bei Liebesnot.

Und hab’ und hab’ ich es gefunden,
O Maienzeit, o Süßigkeit,
So bleibst und bleibst du mir verbunden,
O Maienzeit, o Bitterkeit;
Ich weiß das edle Kräutlein blühn,
Habmichlieb, das Kräutlein grün,
Kräutlein grün, Blümlein rot
Hilft bei Liebesnot.

Hermann Löns wurde 1866 in Culm bei Bromberg in Westpreußen geboren und starb 26. September 1914 bei Loivre in der Nähe von Reims, Frankreich. Er war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Schon zu Lebzeiten ist Löns, dessen Landschaftsideal die Heide war, als Jäger, Natur- und Heimatdichter sowie als Naturforscher und -schützer zum Mythos geworden.

Osterhäslein

Osterhäslein

Drunten an der Gartenmauer
hab‘ ich sehn das Häslein lauern.
eins, zwei, drei: legt’s ein Ei,
lang wird’s nimmer dauern.

Kinder, lasst uns niederducken!
Seht ihr’s ängstlich um sich gucken?
Ei, da hüpft’s und dort schlüpft’s
durch die Mauerlucken.

Und nun sucht in allen Ecken,
wo die schönsten Eier stecken,
rot und blau, und grün und grau
und mit Marmorflecken.

Friedrich Güll (1812-1879)

Mehr zu Ostern unter http://www.osternfeiern.de/.

In der Winternacht – ein Déjà-vu-Erlebnis

In der Winternacht

Es wächst viel Brot in der Winternacht,
Weil unter dem Schnee frisch grünet die Saat;
Erst wenn im Lenze die Sonne lacht,
Spürst du, was Gutes der Winter tat. –
Und deucht die Welt dir öd und leer,
Und sind die Tage dir rauh und schwer:
Sei still und habe des Wandels acht:
Es wächst viel Brot in der Winternacht.

Friedrich Wilhelm Weber

Karnevalsgedicht

Es ist die Zeit der Masken und Gewänder
die Zeit der Ballons und bunten Bänder
die Zeit für Lachen und Heiterkeit
drum macht Euch zeitig nun bereit!

Denn wer nicht kommt zur rechten Zeit,
verpasst vielleicht die schöne Maid,
die angetan mit feinstem Tuch,
Dich herzt und küsst bis es genug.

Dann kannst Du noch mit vollen Krügen
mit Sang und Tanz und viel Vergnügen,
die Narrenzeit intensivst genießen,
bis dass die Türen sich verschließen.

Achim Schmidtmann