Herbstgefühl – Nicolaus Lenau

Herbstgefühl

Mürrisch braust der Eichenwald,
Aller Himmel ist umzogen,
Und dem Wandrer rauh und kalt
Kommt der Herbstwind nachgeflogen.

Wie der Wind zur Herbsteszeit
Mordend hinsaust in den Wäldern,
Weht mir die Vergangenheit
Von des Glückes Stopftelfeldern.

Än den Bäumen, Welk und matt,
Schwebt des Laubes letzte Neige,
Niedertaumelt Blatt auf Blatt
Und verhüllt die Waldessteige:

Immer dichter fällt es, will
Mir den Reisepfad verderben,
Daß ich lieber halte still,
Gleich am Orte hier zu sterben.

von Nicolaus Lenau – entnommen aus www.lenau-gedichte.de, Gedichte Erstes Buch, Sammlung Herbst

Klausur

Klausur

Rauchende Köpfe über leeren Blättern,
quietschende Sitze, raschelnde Zettel,
schweres Atmen und unruhiges Zappeln,
Puls und Blutdruck erhöht.

Lösung parat, den Stift gezückt,
Buchstaben fliegen über das Blatt,
schnell wird geblättert und weiter geschrieben,
doch ein plötzlicher Stopp – war das richtig?

Stöhnen und häufige Blicke auf die Uhr,
die Zeit vergeht im Nu
weitere Ansätze schnell skiziert,
war Lösung leichter als gedacht?

Wirre Gedankengänge verwehren den Ausgang,
verwischen Wahrheit mit Trug,
hier noch mal überlegen und dort noch ein Satz,
die Zeit ist um, es ist genug.

Achim Schmidtmann